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Klischees im Beratermarketing

Die meisten Unternehmensberatungen arbeiten mit Klischees, um ihr Angebot zu vermarkten. Das wirft ein schlechtes Licht auf die Beratung und macht es potenziellen Kunden schwer, die Besonderheiten ihres Angebots zu erkennen.

Steffen Kratz, 1979 in Bremen geboren, hat sein Handwerk bei Jung von Matt gelernt. Als Kaufmann für Marketingkommunikation kümmert er sich um die strategische Positionierung und Vermarktung von Beratungsunternehmen.

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Wenn bei ›Spiegel Online‹ ein Beitrag erscheint, in dem es um Hacker geht, verwendet die Bildredaktion immer das gleiche Bildmotiv: ein junger Mann im schwarzen Kapuzenpullover. Oft ist der Bildhintergrund noch mit Binärcode im Matrix-Stil dekoriert. Ein anderes Klischee verwendet Hollywood: Hacker sind hier meist weiblich, punkig und sehen immer ein bisschen aus wie Lisbeth Salander aus der ›Millenium-Triologie‹ des schwedischen Schriftstellers Stieg Larsson.

In der redaktionellen Berichterstattung oder im Film ist die Verwendung von Klischees kein Problem. Im Gegenteil: Visuelle Codes ermöglichen es uns, ein Thema oder Genre in Sekundenschnelle zu identifizieren und uns dafür zu interessieren oder es zu ignorieren. Und haben wir ein Thema oder Genre erst einmal für uns entdeckt, finden wir anhand dieser Schablonen schnell und einfach weitere, ähnliche Angebote.

Im Marketing sind Klischees allerdings ein Problem – vor allem, wenn die angebotenen Produkte und Dienstleistungen in sich schon zum Verwechseln ähnlich sind. Das trifft auf viele Beratungsleistungen zu: Die Qualität der Angebote ist fast immer hoch, die Herangehensweise und Durchführung unterscheiden sich nur geringfügig, auch die Erfahrungen und Referenzen vieler Beratungshäuser sind gut miteinander vergleichbar. Verwenden Sie jetzt noch die gleichen Klischees, um Ihre Leistungen zu vermarkten, wird es für den Betrachter unmöglich, Ihr Angebot von dem Angebot Ihrer Mitbewerbers zu unterscheiden.

Technisch, männlich, blau. An diesen Klischees kommt kaum eine Unternehmensberatung vorbei, wenn es um die digitale Transformation geht.

Natürlich müssen auch Beratungsleistungen leicht zu identifizieren sein. Ein potentieller Kunde sollte zum Beispiel schnell erkennen können, ob es sich um eine Beratung für Banken und Versicherungen handelt oder sich das Angebot an Maschinen- und Anlagenbauer richtet. Eine Beratung zur digitalen Transformation sieht sicherlich auch anders aus als Gesundheitsmanagement.

Darüber hinaus sollten Beratungshäuser aber vor allem die Dinge in den Vordergrund stellen, die ihre Beratung besonders machen. Die Arbeit mit Stereotypen ist dabei wenig hilfreich, denn sie erinnern den Betrachter zwangsläufig an bereits Bekanntes, zum Beispiel Ihre Mitbewerber, die ebenfalls mit diesen Stereotypen arbeiten. Im Vordergrund stehen dann die Gemeinsamkeiten, nicht die Unterschiede.

Die Arbeit mit Marketing-Klischees hat aber noch einen anderen, unangenehmen Nachteil: Meist sind diese Klischees längst überholt! So hat die digitale Transformation zum Beispiel weit weniger mit Technik zu tun, als das Klischee behauptet. Dass die Zukunft blau und männlich ist, darf ebenfalls in Zweifel gezogen werden. Die Arbeit mit Stereotypen uniformiert also nicht nur Ihre Beratungsleistung, sondern lässt Sie zusätzlich auch noch wie aus der Zeit gefallen erscheinen.

Klischees zu überwinden ist eine echte Herausforderung, denn sie sind in unseren Köpfen fest verankert. Doch genau das ist notwendig, um Ihre Leistung in einem anderen, in einem helleren Licht erscheinen zu lassen.